Zeitzeugin Anna Hackl

Zeitzeugin Anna Hackl © MKÖ/Sebastian Philipp

Anna Hackl, geboren als Anna Langthaler 1931 in Schwertberg in Oberösterreich, nahm gemeinsam mit ihrer Familie im Nationalsozialismus zwei aus dem Konzentrationslager geflüchtete sowjetische Soldaten auf und versteckte sie bis Kriegsende vor der SS. Heute erzählt sie regelmäßig in Schulen und anderen Bildungseinrichtungen von ihren Erlebnissen und trägt aktiv dazu bei, die Gräueltaten der Nationalsozialisten im kollektiven Gedächtnis zu behalten und Jugendlichen zu vermitteln.

In der Nacht zum 2. Februar 1945 versuchten über 500 sowjetische Kriegsgefangene bei -8°C Kälte aus dem Konzentrationslager Mauthausen zu entkommen. Etwa 400 Häftlingen gelang es, das Lagerareal zu verlassen. Daraufhin rief die SS neben Gendarmerie, SA und Hitlerjugend auch die Zivilbevölkerung dazu auf, sich an der ausgerufenen "Treibjagd" zu beteiligen und die Geflohenen zu ermorden oder in das KZ zurückzubringen. Große Teile der Bevölkerung beteiligten sich, unterstützten die SS und trugen so zur Ermordung von über 500 Menschen bei. Nur elf sowjetische Häftlinge überlebten das von den Nationalsozialisten als "Mühlviertler Hasenjagd" bezeichnete Kriegsverbrechen durch die Hilfe von Bauernfamilien und zivilen Zwangsarbeitern, die die Geflüchteten aufnahmen und versorgten, wie das die Familie Langthaler tat.

Maria Langthaler, Anna Hackls Mutter, war laut den Erzählungen von Anna Hackl klar, dass sie sich nicht an den Taten der SS beteiligen würde, im Gegenteil, nachdem sie erste Festnahmen von entflohenen Häftlingen sieht, stellt sie fest: "Wenn zu uns einer kommt, helfen wir." In dieser Situation keine derartige Zivilcourage zu zeigen, so Anna Hackl, kam für ihre Mutter nicht infrage.

Zeitzeugin Anna Hackl © MKÖ/Sebastian Philipp

Am nächsten Tag treffen die zwei entflohenen sowjetischen Soldaten Nikolai Zimkolo und Michail Rybtschin am Hof der Familie Langthaler ein und bitten um Hilfe. Maria Langthaler gewährt ihnen Unterschlupf und versorgt sie gemeinsam mit ihrer Familie. Dabei nimmt sie die Verantwortung für die Geflüchteten und für das Leben der Familie auf sich, denn Annas Vater hatte diese der Mutter allein überlassen, weil die SS drohte, alle, die den Geflüchteten helfen würden, zu ermorden.

Auch als die SS auf dem Weg ist, den Bauernhof der Familie Langthaler zu durchsuchen, konnte die damals 13-jährige Anna rechtzeitig heimlaufen und die Geflüchteten in der Scheune unter Stroh verstecken und so verhindern, dass sowohl diese als auch die Familie Langthaler festgenommen wurden.

Unter Lebensgefahr wurden Nikolai Zimkolo und Michail Rybtschin drei Monate lang versorgt, bis sie zum Kriegsende heimkehren konnten. Sowohl die Bevölkerung als auch die SS durften von den Geflüchteten am Hof nicht erfahren, selbst als sich die Familie Langthaler nach Kriegsende mit Nikolai Zimkolo und Michail Rybtschin fotografieren lässt, erhalten sie infolge dessen Drohbriefe.

Als Maria Langthaler 19 Jahre später die Familien von Nikolai Zimkolo und Michail Rybtschin in der Ukraine besucht, erfährt sie, dass in der Familie Zimkolo von insgesamt acht Kindern nur Nikolai dank ihres und des Engagements ihrer Familie den Krieg überlebt hatte.

Seit vielen Jahren berichtet Anna Hackl in Schulen über das Erlebte und setzt es sich zum Ziel, Jugendlichen von den Taten der Nationalsozialisten, aber auch von der Notwendigkeit, Zivilcourage zu zeigen und dort zu helfen, wo Hilfe benötigt wird, zu erzählen. Durch ihr Engagement, ihre unermüdlichen Mahnungen, sich jeder Tendenz zur Wiederholung der Geschichte klar entgegenzustellen und ihrem Kampf gegen das Vergessen leistet Anna Hackl immer noch unverzichtbare Arbeit und trägt dazu bei, diese Werte weiterzugeben und zu erhalten, denn es gilt stets zu "verhindern, dass es soweit kommt und darauf zu achten, wer regiert.

"Die Jugendlichen, denen sie ihre Geschichte erzählt, bittet sie: 'Schaut's auf unser schönes Österreich und gebt Acht auf die Demokratie. Ihr wisst's gar nicht, wie gut es uns eigentlich geht. Und seid ja wachsam und vorsichtig, denn solche Sachen gehen ganz schnell. Das ist damals auch so schnell gegangen. Es liegt an uns allen, dass all das Schreckliche nie mehr geschieht.'"

Zeitzeugin Anna Hackl © MKÖ/Sebastian Philipp

Für ihr Engagement und stellvertretend für das ihrer Mutter wurde Anna Hackl unter anderem mit dem Menschenrechtspreis des Landes Oberösterreich sowie mit dem Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ausgezeichnet.

Quellen: